Jugend zwischen Corona und Klimaschutz… klare Aussagen in den Wahlprogrammen fehlen oft?
Zu den Bundestagswahlen 2021 wird es 2,8 Millionen Erst- bzw. Jungwähler geben. Das entspricht einem Prozentsatz von rund 4,6 Prozent bei 60,4 Millionen Wahlberechtigten. Nimmt man die Altersgruppen der bis zu +30-jährigen (diese können durchaus dem jugendlichen Wählerpotential zugeordnet werden) hinzu, so kommt man auf knapp 15 Prozent der Wahlberechtigten. Es kann unterstellt werden, dass die Anliegen dieser Altersgruppen noch immer nicht angemessen in den Entscheidungsfindung des Bundestages und der Parteien Berücksichtigung finden. (Anmerkung: Hier hätte sich das lauffeuer durch die Beantwortung unseres Fragebogens eine klare Positionierung aller Parteien zu den angesprochenen Jugendthemen gewünscht.) Die in 2019 veröffentlichte Shell-Jugendstudie, die wissenschaftlich anerkannt ist, belegt für mehr als ein Drittel der Jugend die Einschätzung, „dass sich die Politiker nicht um die Belange der Jugendlichen kümmern“. Die hier oft bestellbare „Politikverdrossenheit“ führt nach der Studie dazu, dass Parteien, Verbänden, Kirchen und etwa Konzernen eine hohe Skepsis, teilweise Misstrauen, entgegengebracht wird. Ob sich dies durch die Corona-Pandemie noch weiter negativ verändert hat, muss vermutet werden. Eindeutige sozialwissenschaftliche Untersuchungen gibt es allerdings hierzu (noch) nicht.
Unstrittig dürfte sein, dass sich seit 2017, dem Jahr der letzten Bundestagswahl, die gesellschaftspolitischen, ökologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen für „die Jugend“ dramatisch verändert haben. Lassen sich diese Entwicklungen in den aktuellen politischen Statements und/oder in den Programmen (siehe hierzu unsere kurze Analyse) für die anstehende Bundestagswahl 2021 wiederfinden? Wie ernst nimmt also die Politik die derzeitige, prekäre Lage der Jugend? Nicht immer werden hier die Antworten und Wahlaussagen der Parteien von den Jugendlichen selbst als zufriedenstellend empfunden! Und auch das Lauffeuer hat hierzu das erhoffte Feedback nicht erhalten!
Die aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie sind gewaltig (auch zukünftig). Psychische, physische und soziale (Folge-)Schäden bei Jugendlichen werden konkret befürchtet. Etwa im Bereich von „Schule und Aus-/Bildung“ sind schon jetzt die Defizite (zum Beispiel Rückgang bei den Ausbildungsverträgen um teilweise zehn Prozent, Leistungsversagen, Schul-/Studienabbrechen, vereitelte Lebensplanungen …) gravierend. Corona hat damit nicht nur durch das ungeliebte Home-Schooling zu Defiziten bei Jugendlichen geführt, sondern beispielsweise auch tiefe Einschnitte für die Jugendarbeit, wie für die Jugendfeuerwehren, gebracht.
Es wird deshalb in diesem Zusammenhang oft von einer „Lost Generation“ oder „Jugend ohne Zukunft“ gesprochen. Über 70 Prozent, so auch die renommierte Bertelsmann-Stiftung, haben konkrete Zukunftsängste. Hinzu kommt (als relativ neu empfundene Angst), dass die Corona-Impfquote aus pandemischer Sicht für die Altersgruppe der zwölf- bis 18-jährigen (hier wurden bislang nur etwa drei Prozent geimpft – Stand Juli 2021) angesichts einer möglichen neuen, vierten Welle (Delta-Variante) auch von den Betroffenen selbst als absolut ungenügend angesehen wird. Man kann zudem nur schwer nachvollziehen, warum „ältere Personengruppen“ offenbar besser geschützt (Stichwort: Priorisierung bei den Impfungen) wurden/werden. Befürchtet werden von Schülervertreter:innen, dass im offenbar bevorstehenden „Corona-Herbst“ ein erneuter Ausfall des Präsenzunterrichtes droht, wenn etwa Klimageräte in den Schulen noch immer fehlen, und eine eindeutige Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission für Kinder/Jugendliche weiterhin aussteht.
Aber auch der Klimawandel, der als konkrete Bedrohung gesehen wird, und mit „Fridays For Future“ (steht als Synonym für eine jugendgeprägte Umweltbewegung) hat sich zudem die „Lage der Jugend“ stark seit der letzten Bundestagswahl 2017 verändert. Das Bundesverfassungsgericht spricht kürzlich in einer Urteilsbegründung zum neuen Klimaschutzgesetz sogar vom „Recht der Jugend auf Zukunft“. Hier besteht offensichtlich auch mit Blick auf die Wahlprogramme 2021 der Parteien (und auf die künftige Umsetzung und das politische Handeln) noch einiger Optimierungsbedarf.
Es kann „kein weiter so“ bei der Jugendpolitik geben
Die verbindliche Förderung der Jugendarbeit und der Jugendverbände braucht Nachhaltigkeit und Planungssicherheit. Verbale Wahlversprechen der Parteien helfen nicht weiter, wenn es um die Bewältigung der künftigen Herausforderungen der „Jugendfragen“ geht. Vielleicht klappt es ja in der nächsten Legislaturperiode des Deutschen Bundestages (endlich) mit der der Herabsetzung des Wahlalters und mit der seit Langem geforderten Stärkung der Interessensvertretung von Jugendverbänden. Nicht nur auf die Umsetzung dieser politischen (Wahl-) Versprechen aus der Vergangenheit wird weiterhin gespannt gewartet. Dies auch, weil im neuen Bundestag voraussichtlich wieder rund die Hälfte der Volksvertreter:innen 50 Jahre und älter sein dürften – und allein schon deswegen sehen diese sicherlich nicht ihre erste Priorität bei „Jugendthemen“?
Fazit: Es kann „kein weiter so“ geben! Und deshalb geht es für viele Jugendliche um mehr als nur alle vier Jahre ein Kreuzchen zu machen!