Neues aus der Feuerwache – eine Vorlesegeschichte

Es ist Nacht. Dunkel ist es in der Fahrzeughalle der Feuerwehr Martinsblau. Die großen roten Feuerwehrautos stehen mit geschlossenen Rollläden auf ihren Plätzen – es sieht fast so aus als schlafen sie ein wenig, bevor der nächste Einsatz kommt. Die Rutschstangen glänzen im Mondlicht das durch die Tore in die Halle fällt. Ab und zu zischt es ein bisschen aus den Druckluftleitungen, die dafür sorgen, dass die Fahrzeuge sofort startklar sind. Sonst ist es ganz still.

Doch stopp mal. Dort - ganz am Ende der großen Halle, hinter den riesigen Reifen des Feuerwehrkrans, wo die eine Fliese am Boden ein bisschen wackelt und das kleine Loch in der Wand ist – genau dort fällt ein ganz schwacher Lichtschein in die Halle. Und wenn man angestrengt die Ohren spitzt, dann hört man es dort auch rascheln und lachen…

Ihr werdet es kaum glauben, aber dieses unscheinbare Loch in der Wand ist die Hauptpforte zu der sagenhaften Mäusewehr, die – verborgen für unsere Menschenaugen und -ohren – Tag und Nacht für die Sicherheit in der Kleintierwelt sorgt.

„Pfoten abputzen und eintreten!“ der Mäusekommandant Tilsitt heißt uns willkommen und zeigt uns stolz seine Mäusewache.

Gleich im Flur hängt die winzige Alarmglocke – ein Geschenk von einem goldenen Hasen. Ihr müsst wissen, Mäuseohren hören unglaublich gut; man muss das Glöckchen nur antippen und schon sausen die Feuerwehrmäuse aus allen Ecken der Mäusewache herbei. Jede Feuerwehrmaus besitzt eine persönliche Schutzausrüstung auf die sie besonders stolz ist und die sie wie ihren Lieblingskäse behütet. Die mit Zahnpasta weiß lackierten Walnussschalenhelme schützen die Mäuseköpfe vor herabfallenden Teilen im Einsatz. Der Mäusekommandant zeigt uns seinen Fingerhuthelm aus silbernem Metall: „Der ist zwar schön, aber für den Einsatz gar nicht so gut. Neulich habe ich mir beide Ohren an dem heißen Metall verbrannt.“

Weiter geht es durch die Wache, denn da gibt es viel zu entdecken…

In der Küche backt eine Feuerwehrmaus gerade Käsekuchen für die ganze Mannschaft. In den Werkstätten herrscht reges Gewusel. Hier werden sämtliche Fundstücke aus der großen Feuerwache zu mäusetauglichen Gerätschaften umgebaut. Es wird gehämmert, gebohrt, geschweißt und geklebt. Aus Trinkhalmen werden kuppelbare Saugschläuche hergestellt. Aus einem gefundenen medizinischen Mundschutz werden Schutzdecken, Sichtschutz und Ablageplanen geschnitten und genäht. Aus Zahnstochern werden in der Schreinerei Unterleghölzer gehobelt und gesägt. In der Schlosserei wird mit Feuereifer an dem Umbau eines Nagels zu einem Halligantool gearbeitet.

Im Unterrichtsraum der Feuerwache lernen die jungen Löschmäuse gerade – wie in der Schule – wichtige Lektionen über die Gefahren an Einsatzstellen. Neben Katzen und Greifvögeln sind das Atemgifte, Angstreaktion, Ausbreitung, Atomare Strahlung, Chemische Stoffe, Erkrankung, Explosion, Einsturz und Elektrizität. Es kann viel passieren im Einsatz.

Wir schauen noch schnell in den Sportraum der Wache: hier trainieren die Mäuse um bärenstark für den Einsatz zu bleiben. Sie stemmen kleine Gewichte, rennen im Laufrad und hangeln sich der Decke entlang.

In der integrierten Leitstelle hilft heute die Kellerspinne Iihda aus. Mit ihren acht Armen kann sie gleichzeitig zwei Telefone, eine Tastatur, ein Faxgerät, ein Notrufknopf, eine Durchsageanlage, einen Türsummer bedienen und noch per Hand mitschreiben. Das ist ziemlich praktisch, denn das Telefon klingelt pausenlos.

Jetzt klingelt es gerade schon wieder: ein Notruf: „Einsatz mit höchster Eile, Tierleben in Gefahr. Maus in Zwangslage“. Schon ertönt das Glöckchen im Flur. Nun gibt es kein Halten mehr, jede Maus ist auf den Beinen: Schutzkleidung anziehen, Alarmfax aus dem Drucker nehmen, Blaulicht anschalten und los. Jeder weiß was er zu tun hat.

Was ist passiert? Eine Maus sitzt in einer Lebendfalle fest – ein technischer Hilfeleistungseinsatz bei dem es um Leben und Tod geht. Jede Minute zählt. Eine Feuerwehrmaus alleine hätte bei diesem Rettungseinsatz keine Chance, doch als Team ist die Mäusewehr stark.

Vor Ort erkundet der Kommandant Tilsitt sofort die Lage. Der Angriffstrupp betreut die aufgeregte und leicht verletzte Maus in der Falle. „Ab jetzt wird alles gut, wir sind da, das Schlimmste hast du schon hinter dir!“. Fürs erste helfen die lieben Worte und das Streicheln der Pfote durch die Maschen der Falle ganz gut. Der Wassertrupp sichert blitzschnell die Einsatzstelle gegen weitere Gefahren ab. Glück gehabt: hier gibt es weit und breit keine Katzen, keine Rattengiftköder und keine hysterischen Menschen. Der Schlauchtrupp stellt schonmal das benötigte Material für die Rettung bereit. Tilsitt hat sich entschieden die Falle mit einem Hebebaum aufzuhebeln, gegen erneutes Zuschlagen zu sichern und so die Maus zu befreien. Doch die Fallentüre ist sehr fest zu. Der Angriffstrupp hängt schon mit seinem ganzen Mäusegewicht an dem Hebebaum und es tut sich nichts. „Alle Feuerwehrmäuse mit anpacken! Gemeinsam sind wir stärker als die Falle!“. Und tatsächlich, mit vereinten Kräften schafft es die Mäusewehr die Falle zu öffnen, zu sichern und die leicht verletzte Maus zu befreien. „Gut gemacht Mäusetruppe!“. Die leicht verletzte gerettete Maus ist überglücklich und würde am liebsten selbst sofort Teil dieser tollen Rettungstruppe sein.

Zurück auf der Wache werden alle Gerätschaften sofort wieder einsatzklar gemacht. Erst danach setzt sich die Mäusemannschaft mit frisch gewaschenen Pfötchen gemeinsam an den Tisch. Der Käsekuchen schmeckt fantastisch und der Mäusekommandant erzählt mit leuchtenden Knopfaugen warum er – trotz seiner verbrannten Schwanzspitze und Ohren – sich nichts Schöneres vorstellen kann als Feuerwehr:

„Weißt du, Feuerwehr das ist mehr als nur tolle Technik und abwechslungsreiche Einsätze. Feuerwehr ist etwas ganz Besonderes, weil wir mehr sind als nur Mäuse die miteinander arbeiten. Feuerwehr, das ist für mich eine besondere Form von Freundschaft, Kollegialität und Zusammenhalt, mit der man jede noch so schwierige Situation meistern kann.“

Bei diesem Satz zittern die Schnurrbarthaare von Tilsitt ein wenig. Ein Glück ertönt in dem Moment schon wieder das Alarmglöckchen und die Mäusewehr rückt in den nächsten Einsatz aus…